Samstag, Juni 23

Der Sommer




du guckst in die sonne, und hast diesen kloß im hals. weil dieser sommer einfach die heiße, brodelnde hölle wird, vielleicht wird er aber auch ein schmetterlingsflatternder, wunderbarluftig warmer sommer. da ist dieser kloß, und du weißt nicht mal warum, ist doch alles schön, die sonne scheint. und trotzdem bist du 0,02 mm vorm überschwemmt werden, musst aufs klo, wasser in den augen. mund trocken. aber du kannst nichts trinken, ein tropfen, und alles geht über. und reißt dich mit. nach nirgendwo. vielleicht aber auch nach timbuktu.
du stellst dich gegenüber, schaust in die sonne, legst den kopf schief. kneifst die augen zu, die sonnenbrille liegt irgendwo neben dem schönschreibheft. kleine punkte bewegen sich am himmel, es ist ein graublaurosa himmel. es ist diese zeit am tag, wo der himmel keine farbe hat.
du kannst du ihn dir anmalen, in der farbe von zitroneneis, im vergilbten graugrün der häuser nebenan. du nimmst den pinsel, und die punkte werden zu vögeln, es sind viele.
tausendundeinesilbe wörter, sie liegen dir auf der zunge, du schweigst. den pinsel erhoben, alles preisgeben, ja oder nein. vielleicht. nur wenn du mir morgen ein stück von dir abgibst. nur ein kleines, gerade so groß, dass ich es in eine winzige kiste schließen kann, ganz versteckt, aus keramik. du hast zu viel verschwiegen, er auch, sie ebenso. wir sollten aufhören soviel nicht zu sagen, sagt ihr mal was. vielleicht wurden sie verdammt zum schweigen, auf immer und ewig, du glaubst nicht an magie.
gelbe tropfen, blaue linien, es nimmt formen an, du kannst sie nicht benennen. der himmel kann es nicht sein, die gießkanne auch nicht. du drehst dich in richtung orchidee, willst fragen, doch etwas lenkt dich ab. kaninchen, du fragst dich, woher sie wohl kommen. braune tupfen, fell. die schatten werden länger, verschlucken, wachsen. der wind trägt etwas fort, vielleicht einen der ziegelsteine, trotzdem wird es nicht leichter, dort, wo sie sagen, dass das herz liegt. festgewachsen, von adern umwebt, fixiert. ja nicht aufhören zu schlagen, wehe. die schläge erinnern dich daran, dass der kloß in deinem hals noch immer da ist.
vielleicht wird dieser sommer die hölle, vielleicht der himmel, vielleicht wird er ein splitter vom paradies, hör auf zu denken, du fegst staub von denen knien. greifst zum glas, die kälte passt nicht, ist nicht warm genug, trotzdem. der saft schmeckt zäh, nach süße und klebrigkeit. dieser sommer wird noch im herbst an dir haften, du bist ein teil von ihm, denkst du und schluckst. mit jedem schluck ein stück. stück für stück, schluck für schluck, der himmel in den bäumen. du schließt die augen. wolken ziehen vorbei, schatten, kolibriflügel zucken über alles, ganz leicht, erinnerung.
irgendwas beginnt zu schmelzen, es ist noch immer heiß, obwohl die sonne woanders ist. vielleicht im nirgendwo, vielleicht in timbuktu. du stehst auf, nimmst die pinsel, das messer und den sommer mit. pinsel und messer haben platz in der ausgebleichten tasche, in der salz und strand aneinander stoßen und es leise rauscht. den sommer versuchst du dorthin zustecken, wo sie sagen, dass das herz ist, es wird eng dort. drinnen riecht es nach orangen und holz, deine arme und augen brennen. raue haut fährt über stoff, dort, wo die knie jeden sommer das jeansmaterial weiter auszehren.
wie lange willst du bleiben, fragt sie.
den sommer lang, sagst du, und verschweigst.